Allergiker-gerechtes Öko-Haus – ALLÖKH

WAS IST ALLÖKH?

„Allergiker-gerechtes ÖKO-Haus“

Das „Allergiker-gerechte-Öko-Haus“ (kurz: „ALLÖKH“), ein nach ökologischen Gesichtspunkten gebautes Haus, das gleichzeitig besonderen Schutz für die Gesundheit der ganzen Familie bietet. Es hilft Bauherren, sich sowohl den Wunsch nach einem individuell geplanten Architektenhaus zu erfüllen, als auch die Sicherheit eines allergenarmen und umweltfreundlichen Wohnumfeldes zu genießen. Ist dieses Konzept interessant für Holzbauweise und damit auch für Zimmerer?

Nachdem die energiebezogenen Hauskonzepte weitgehend entwickelt wurden (z.B. Passivhauskonzept), kann die Nachhaltigkeit nur durch gleichzeitig ökologische und gesundheitsorientierte Bauweisen in Zukunft garantiert werden. Immer neue Chemikalien werden in Baumaterialien (wie Vor- und Anstrichstoffen, Beschichtungen, Dämm-, Dicht- und Klebstoffen, Boden- und Wandbelägen, etc.) und Einrichtungsgegenständen eingesetzt und führen oft zu gesundheitsbeeinträchtigenden Innenraumluftbelastungen für die Hausbewohner. Die gesundheitsorientierte, dass heißt vor allem Allergiker-gerechte Bauweise rückt daher mehr und mehr ins Licht der Öffentlichkeit.

Haushersteller benötigen immer differenziertere Kenntnisse über die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Baustoffen. Meist sind die einzelnen Produkte aber nicht ausreichend auf Schadstoffquellen getestet beziehungsweise liegen von gesetzlicher Seite keine Grenzwerte vor.

Der Bedarf an gesundheitsorientiertem Wohnraum ist groß, denn die Zahl der Menschen, die auf Innenraumschadstoffe sensibel reagieren, steigt stetig. Bereits bei jedem vierten Erwachsenen und sogar bei jedem dritten Kind werden Allergien diagnostiziert.

Allergiker stellen darüber hinaus an ökologische Baumaterialien ganz andere Ansprüche als Nichtallergiker. So können insbesondere Naturprodukte Auslöser für allergische Erkrankungen (zum Beispiel Tierhaarprodukte, aber auch Produkte mit Naturharzen und -ölen als Inhaltsstoffe) und somit gesundheitlich abträglich für entsprechend sensible Personen sein.

In diesem Rahmen arbeitet das Institut für Umwelt und Gesundheit – IUG in Fulda IUG zur Zeit an einem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt – DBU geförderten Projekt „Material- und Innenraummessungen am gesunden Öko-Haus“.

Anforderungen an ein Allergiker-gerechtes und ökologisch gebautes Haus

Gesundes Wohnen und Energiesparen müssen heute aber kein Widerspruch sein. Insbesondere sind Anfordernisse an die Qualität der Baumaterialien sowie der Raumluft-technischen-Anlagen (RLT) zu stellen. Die Optimierung eines Gebäudes unter energetischen Gesichtspunkten, bis hin zu Niedrigenergiehäusern bzw. Passivhäusern wird in der Regel durch eine konsequente Wärmeisolierung mit sehr geringem Luftaustausch (weniger als 0,5 pro h) erreicht. Aufgrund von geringen Luftwechselraten kann es zu einer Anreicherung von Luftschadstoffen im Innenraumbereich und damit zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung der Benutzer bzw. Bewohner kommen. Deshalb ist es schon bei der Planung der Baumaßnahme wichtig die geeigneten, d.h. vor allem emissionsarme Baustoffe bzw. Baumaterialien vorzusehen und dann auch einzusetzen.

Aufgrund der kontrolliert reduzierten Luftwechselraten müssen außerdem Emissionen aus Einrichtungsmaterialien wie Bodenbeläge und Möbel mit in die Beurteilung von Gebäuden einbezogen werden.

Da bei regulierter Belüftung, anders als bei Stoßlüftung (Fenster), der Mensch nur wenig direkte Kontrolle auf die Qualität der Innenluft nimmt, muss hier eine entsprechend größere Gewährleistung durch die Hauskonstrukteure für die Innenraumluft vorgegeben werden. Problembereiche sind z.B. harzhaltige Holzmaterialien, Bindemittel in Holzwerkstoffen, Dämmmaterialien, Filtersyteme, Oberflächenbehandlung, Elektromagnetische Emission (EMF-Quellen) und Radon. Aufgrund der veränderten Raumökologie und der Zunahme der zu Allergien neigenden Menschen kommt das Problem innenraumbedingter Allergien hinzu.

Innenraumbedingte Allergien

Allergene in Innenräumen können in vielfältiger Weise auftreten. Unterschieden wird zwischen den klassischen Formen von tierischen allergenen Stoffen wie Haustiere (Epithelien), Schimmelpilze (Sporen ) und Hausstaubmilben (Exkremente) sowie den modernen allergenen Umweltfaktoren, die aus Baumaterialien, Einrichtungsgegenständen und Haushalts- beziehungsweise Reinigungsmitteln freigesetzt werden.

Bisweilen werden die Allergene auch von außen in das Haus eingebracht. Seien es Pollen aus dem saisonalen Pollenflug oder Verbrennungsoxide wie Schwefeldioxid, Stickoxide und Ozon oder andere xenobiotische Stoffe wie Pestizide aus der Landwirtschaft.

Eine hochreaktive Indikatorsubstanz im Innenraumbereich ist Formaldehyd (HCHO), das u.a. als Bindemittel in Holzwerkstoffen verwendet wird. Formaldehyd werden krebserregende und zunehmend kontaktallergene Wirksamkeit zugeschrieben.

Auch viele Naturprodukte enthalten Inhaltsstoffe, welche Auslöser für allergische Erkrankungen sein können. Das Harz insbesondere von frischen Nadelhölzern enthält z.B. große Mengen Terpen-Kohlenwasserstoffe, wie Pinene, Limonen u.a., welchen z.T. starke sensibilisierende Wirkung zugeschrieben wird. Die Terpen-Kohlenwasserstoffe, die auch Hauptbestandteil der Lösemittel von Naturfarben und Terpentinölen sind, werden insbesondere an den Schnittflächen des Holzes abgegeben. Darüber hinaus können auch bei der Herstellung von Materialien aus Holz und zellulosischem Material wie Laminat, Fertigparkett oder OSB-Platten sensibilisierende Stoffe, wie z.B. höhere Aldehyde und Ketone produktionsbedingt aus den Restbeständen der Harze entstehen. Eine weitere Quelle für diese z.T. auch sehr geruchsintensiven Stoffe sind Produkte auf Basis von Leinöl, das beispielsweise als Bindemittel in Naturfarben und zur Herstellung von Linoleum eingesetzt wird. Inbesondere n-Hexanal stellt hier eine Leitkomponente dar, wenn eine Geruchsbelästigungen mit Aldehyden und Ketonen in Verbindung gebracht wird.

So kann durch die Auswahl der richtigen Baumaterialien sehr großen Einfluss auf die späteren Belastungen im Innenraum genommen werden. In Innenraumnähe sollten harzarme, d.h. Terpen-arme Hölzer zum Einsatz kommen. Laubhölzer haben einen wesentlichen geringeren natürlichen Harzanteil als Nadelhölzer. Auch sind Hölzer gleicher Art aus wärmeren Regionen (z.B. Südeuropa) harzhaltiger als aus kälteren Regionen (z.B. Nordeuropa). Weiteren wesentlichen Einfluss haben auch der Zeitpunkt des Holzschlages sowie die Art und Länge der Holzlagerung.

Um die Innenraumbelastungen mit Allergenen aus Naturstoffen möglichst gering zu halten, sollten Oberflächenbehandlungsmittel (auch Pflegemittel), wie Anstrichstoffe, Lasuren, Öle, Wachse keine bzw. nur sehr geringe Mengen an Terpenkohlenwasserstoffe (wie z.B. Citronenschalenöle) und Leinöle als Lösemittel oder Bindemittel enthalten. Darüber hinaus sollten Holzwerkstoffe möglichst mit formaldehydfreien Bindemittel hergestellt worden sein.

ZIELE „Allergiker-gerechtes ÖKO-Haus“

Mit Hilfe des ALLÖKH-Konzeptes kann der gesamte Wohnraum (Wohnung, Haus, Anlage) bzw. das Wohnumfeld sowohl auf seine ökologischen Kriterien als auch auf seine Eignung für Allergiker geplant, geprüft und bewertet werden.
Das Ziel des ALLÖKH-Konzeptes ist neben einer konsequent ökologischen Prüfung von Gebäuden auch die Prüfung auf eine Eignung für Allergiker sowie die Vergabe eines Labels des IUG.

Das Institut für Umwelt und Gesundheit – IUG in Fulda ist spezialisiert auf Untersuchungen von Schadstoffemissionen in Innenräumen und Produktmaterialien unter der besonderen Berücksichtigung der Verträglichkeit für Allergiker.
Die enge Vernetzung mit der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute (AGÖF), dem Allergie-Verein in Europa e.V. (AVE) und der Fachhochschule Fulda bietet dafür eine optimale Voraussetzung.

DAS KONZEPT

Das Konzept des Allergiker-gerechten ÖKO-Hauses will mit seinen Prüf- und Bewertungskriterien bei Planung, Bau und Sanierung im wesentlichen folgendes verwirklichen:

Der von den Fuldaer Experten entwickelte ALLÖKH-Prüfkatalog zeichnet sich ins­besondere durch eine ganzheitliche Bewertung aus, welche die Komponenten Umwelt-, Gesundheits- und Sozial-verträglichkeit sowie die Umsetzbarkeit an der Baustelle mit in die Betrachtung einbezieht. Die dafür notwendigen Anforderungen werden durch ständige Weiterbildung sowie durch die enge Zusammenarbeit mit Medizinern, Baubiologen sowie wichtigen Umwelt-institutionen, wie zum Beispiel der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute AGÖF, dem Allergie-Verein in Europa e.V. – AVE und der Fachhochschule Fulda, gewährleistet. So kann mit Hilfe des ALLÖKH-Konzeptes der gesamte Wohnraum (Wohnung, Gebäude, Anlagen) be­ziehungsweise das Wohnumfeld sowohl auf seine ökologischen Kriterien als auch auf seine Eignung für Allergiker beurteilt werden und dient gleichzeitig als Grundlage für die Vergabe eines entsprechenden IUG-Labels.

Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Kriterienkatalogen, welche die Bauleistungen, Baustoffe und Häuser begutachten, ist eine erweiterte Betrachtungsweise und damit eine ganzheitliche Bewertung sowie die Einbeziehung der Eignung für Allergiker. Dies wird vor allem durch die Zusammenarbeit von Energieexperten, Baubiologen, Schadstoff-Spezialisten und Umweltmedizinern erreicht. Dieser interdisziplinäre Ansatz läßt sich dann auch am besten umsetzen, wenn die Zusammenarbeit zwischen Bauherren, Architekten, Haushersteller, Energie- und Haustechnikingenieuren, Baubiologen und Meßtechnikem möglichst frühzeitig schon in der Planung stattfindet.

Da wie beschrieben nicht jeder ökologische Baustoff uneingeschränkt für Allergiker zu empfehlen ist, kommen beispielsweise bei dem ALLÖKH-Konzept zusätzlich die Einbeziehung umweltmedizinischer Kenntnisse, speziell die der modernen Allergologie und Immunologie, hinzu.

Gemäß den strengen Vorgaben des Fuldaer Institutes werden daher nur Baustoffe verwendet, die die Prüfkriterien erfüllen. So bietet z.B. das Qualitätszeichen „natureplus“ eine hilfreiche Orientierung bei der Auswahl geeigneter Bauprodukte.

Das ALLÖKH-Konzept sieht grundsätzlich den Einsatz von Baumaterialien aus nachhaltigen, d.h. insbesondere nachwachsenden Rohstoffen vor. In diesem Sinne sind Holz bzw. Holzwerkstoffe ideale Baustoffe, die ein wesentliches Kriterium des Konzeptes erfüllen.

Für die Bauherren begutachten die Experten des IUG darüber hinaus auch das Umfeld des neuen Gebäudes. Die Ergebnisse fließen ebenso in die Planung des Hauses ein wie eine Allergieanamnese der zukünftigen Bewohner. Bei einer Pollen-Allergie wird beispielsweise eine Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und Pollenfilter und an die Fenster abnehmbare Pollengazen eingebaut. Zusätzlich wirkt ein Windfang wie ein Schleuse, die verhindert, dass Pollen in den Wohnraum gelangen. Gegen die weit verbreitete Hausstaub-Allergie helfen zum Beispiel geeignete Bodenbeläge, eine Staubsaug-Zentraleinheit und geignete, d.h. leicht reinigbare z.B. kippbare Heizkörper. Weitere Ausstattungsmerkmale sind z.B.: Isolierung von Wand und Decke mit Wollflies, abgeschirmte Elektroinstallation in Inkathen-Leitungen mit Bio­dosen und mit Netzfreischaltern, radonkontrollierte Fliesen, emissionsarme Oberflächen­behandlungen.

Nach Fertigstellung eines „ALLÖKH“-Modells wird die Raumluft auf Schadstoff­emissionen von mehr als 300 Stoffen geprüft. In einer zusammenfassenden Beurteilung in Form eines Gebäudepasses erhalten die Baufamilien eine Bestätigung, dass nach dem heutigen Stand der wissenschaftliche Erkenntnisse gesundheitliche Risiken – auch für Allergiker – weitgehend ausgeschlossen werden können.

Umweltverträglichkeit: Den sparsamen und schonenden Umgang mit den Ressourcen Luft, Wasser, Boden und den Energieträgern im Sinne der AGENDA 21

Gesundheitsverträglichkeit: Den konsequenten Schutz der Bewohner von Gebäuden unter Berücksichtigung aller bekannten Einflüsse

Allergikerverträglichkeit: Die Eignung für Allergiker

Sozialverträglichkeit: Die Förderung sozial verträglichen Bauens

Praktikabilität: Die Erstellung eines praktischen und umsetzbaren Konzeptes

Kreislauffähigkeit: Die umweltverträgliche Unterhaltung, Demontage und Wiederverwertung